Neuro-wie-bitte?…

Eine Aufklärung über Neurodiversität

Der Begriff “Neurodiversity” (neuro: Nerven oder Gehirn; diverse: verschieden) stammt von der australischen Soziologin Judy Singer aus ihrem Aufsatz von 1999 “Why can’t you be normal for once in your life?”.

Sie schrieb hauptsächlich über Asperger-Syndrom, wollte aber einen umfassenden Begriff finden, der eine Vielzahl von Abweichungen von einem normativen neurokognitivem Prozess beschreibt. In diesem Aufsatz argumentierte sie, dass Asperger keine Behinderung ist, sondern Teil der natürlichen Bandbreite des menschlichen Gehirns.

Der Begriff wird von anderen Gruppen für andere “Stempel” wie ADHS, Legasthenie, Dyspraxie usw. übernommen.

Obwohl der Begriff von Singer geprägt wurde, ist das Konzept älter. In Bezug auf Legasthenie wurde seit den 1970er-Jahren in der Literatur fast identisch argumentiert. Sogar Aristoteles schrieb über die Grenze zwischen gesunden und ungesunden Abweichungen in der Art und Weise, wie Menschen wahrnehmen und denken.

Diese Theorie hat zwei Seiten:

Einerseits ist es eine soziologisch-politische Theorie. Es gibt Überschneidungen mit dem “Disability Movement”. Was als normal bezeichnet wird, ist eine soziale Konstruktion. Beispielsweise ist eine „Lese-Rechtschreib-Störung“ nur dann ein Thema, wenn erwartet wird, dass alle Menschen lesen und schreiben können. Das ist historisch gesehen sehr neu! Vor nicht allzu langer Zeit war es ein Spezialwissen.

Andererseits handelt es sich um eine evolutionsbiologische Hypothese: Es gibt Vorteile für die Gesamtbevölkerung, wenn ein Teil der Menschen bestimmte sensorische und kognitive Eigenschaften hat, die vom Durchschnitt abweichen.

Die allgemeine Theorie ist immer noch umstritten...

...in der wissenschaftlichen Gemeinschaft, aber auch unter denjenigen, die unter den Begriff "neurodiverse" fallen könnten. Viele sehen ihren Zustand lieber als Behinderung an, während andere die Theorie der Neurodiversität vertreten.

Aus der wissenschaftlichen Forschung geht jedoch eindeutig hervor, dass einige Neurodivergenzen nachweislich Vorteile mit sich bringen. Sie bringen Herausforderungen mit sich, aber ihre Vor- und Nachteile sind verschiedene Seiten desselben kognitiven Musters.